Terra-Sigillata-Produktion in Germania Inferior

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Aachen
Sinzig
Literature

 

In Italien entwickelte sich Ende des 1. Jhs. v.Chr. eine Keramikindustrie mit technischen Innovationen – Benutzung von Modeln, Zwei-Kammer-Brennöfen und Muffel-Brennöfen –, die einen provinzübergreifenden Absatz im gesamten Mittelmeerraum erzielten. Auch die im südgallischen La Graufesenque gegründete Manufaktur erreichte ähnlich überregionale Bedeutung. Bereits Ende des ersten Jhs. entstanden im ostgallischen Raum die ersten kleineren Produktionsstätten für Terra Sigillata. Im 2. Jh. nahmen erstmals auch in den germanischen und raetischen Provinzen solche Töpfereien ihre Arbeit auf. Provinzgrenzen spielten bei der Verbreitung der Sigillata aus den verschiedenen Produktionsstätten offenbar keine große Rolle.

In der niedergermanische Provinz gab es zwei Manufakturen zur Herstellung reliefverzierter Terra Sigillata: Aachen-Schönforst und Sinzig.

 

 

Aachen

Beim Bau einer Siedlung in Aachen-Schönforst wurde eine römische Töpferanlage entdeckt. Brennhilfen, Fehlbrände sowie mehrere Ausformungen aus der gleichen Formschüssel deuten auf Terra Sigillata-Produktion. Formschüsseln wurden nicht gefunden. Als Töpfer von glatten Sigillaten konnten Lucius, Laetus und Venustus ermittelt werden.

Über die Verbreitung der in Aachen hergestellten Sigillaten ist nichts bekannt..


 

Sinzig

Im äußersten Süden der Provinz Germania Inferior, in der Nähe des als Grenze zur Obergermanien fungierenden Flüsschen Vinxtbach, befand sich die Sigillata-Töpferei beim heutigen Sinzig. Die Dokumentation der 1912/1913 durchgeführten umfangreichen Grabungen ist in den Kriegswirren verloren gegangen. Aus den noch vorhandenen Formschüsseln, Fehlbrände usw. geht hervor, dass die Reliefgefäße in zwei Gruppen unterteilt werden können.
Die 117 Punzen der ersten Sinziger Gruppe stammen alle aus den Trierer Werkstätten. Sie sind mit den Modelherstellernamen Virtus und Primigenius verbunden. Dies ist vermutlich die jüngere Gruppe. Die zweite Sinziger Gruppe ist wahrscheinlich die ältere und besitzt viele Punzenverbindungen mit dem ostallischen Produktionszentrum La Madeleine. In der zweiten Gruppe ist ein Modelgraffito des Lipuca belegt.


Das Verbreitungsgebiet der reliefverzierten Sigillaten aus Sinzig liegt einerseits erwartungsgemäß rheinabwärts, andererseits aber auch in der Wetterau. Das dortige stattliche Vorkommen ist ein Zeichen dafür, dass auch der teure Transportweg rheinaufwärts nicht gemieden wurde. Dies dürfte mit dem Absatzgebiet der Trierer Sigillaten in Zusammenhang stehen, die in viel größeren Stückzahlen im gleichen geographischen Gebiet vermarktet wurden. Sowohl in der Herstellung als auch in der Vermarktung erweist sich das Produktionszentrum Sinzig also als Ableger der Trierer Werkstätten.

 

 

 

Formschüsselfunde ausserhalb der Manufakturen in Germania Inferior

In der Provinz Germania Inferior wurde nur ein Formschüsselfragment ausserhalb des ursprünglichen Produktionszentrums angetroffen. Es handelt sich dabei um ein Modelfragment aus der Trierer Alpinus-Werkstatt (Liste). Der Fundort Neuss befindet sich im normalen Absatzgebiet der Trierer Sigillaten.

 

Allard Mees

 

Liste      
Fundort Herstellungsort Model / Töpfer   Literatur
Neuss Trier / Alpinius Müller 1971, 369

 

Fundortlisten / Verbreitungskarten der einzelnen Produktionsstätten basierend auf:

Aachen

Mayer 1934, 102ff.

Sinzig

Fischer 1969, 167ff.

 

 

Literatur

Ch. Fischer, Die Terra-sigillata-Manufaktur von Sinzig am Rhein. Rheinische Ausgrabungen 5 (Düsseldorf 1969).

O.E. Mayer, Eine neue Sigillata-Töpferei in Aachen - Schönforst. Germania 18, 1934, 102-109.