Nida-Frankfurt a. M.-Heddernheim, Vorort der civitas Taunensium

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Gründung und Aufbau

Die Gründung der civitas Taunensium erfolgte nach dem Abzug des Militärs um 110 n. Chr. Der Beiname Ulpia, der jedoch nur auf einem Meilenstein überliefert ist, leitet sich von Kaiser Traian her. Wenn man dieses Zeugnis einbezieht, fand die Einrichtung der Gebietskörperschaft vor 117 n. Chr. statt. Der Ausbau der Siedlung wurde im Wesentlichen im späten 2. bzw. frühen 3. Jh. n. Chr. mit dem Bau der Stadtmauer abgeschossen.


Militärlager

In Heddernheim entstanden von 75 n. Chr. bis zum Abzug des Militärs um 110 zehn sich ablösende Kastelle. Das jüngste (5 ha) war in Stein ausgebaut. Das zugehörige Lagerdorf war lang gestreckt und ging über den später besiedelten Bereich nach Westen hinaus. Zwei Badeanlagen lagen von 100 m westlich bzw. 70 m südlich des Kastells.

Plan der römischen Militärlager


Stadtanlage

Die Straßenführung des Civitas-Vorortes orientierte sich am Wegenetz des Kastellvicus. Dies führte zu einem unregelmäßigen Straßenraster ohne rechtwinklige Gebäudeblöcke. Zwei Straßennamen sind inschriftlich belegt (platea praetoria und platea vici novi). Die Siedlungsfläche betrug ca. 45 ha.
Die steinerne Stadtmauer (L. 2750 m) mit rückwärtigem Erdwall und vorgelagertem Graben wurde im frühen 3. Jh. n. Chr. errichtet. Sie schloss die Siedlung in einem unregelmäßigen Viereck ein. Sieben Toranlagen und Zwischentürme konnten nachgewiesen werden.

Gesamtplan der römischen Befunde
Rekonstruktion der Stadt aus der Vogelperspektive
Querschnitt der römischen Stadtmauer mit Annäherungshindernissen


Öffentliche Gebäude und Funktionsbauten

Das Forum wird am Schnittpunkt der beiden von Westen kommenden Straßen vor dem ehemaligen Kastelltor vermutet. Befunde sind allerdings aus diesem Bereich nicht bekannt. Öffentliche Bauten könnten sich auch auf dem Gelände des ehemaligen Kastells befunden haben. Im Bereich des ehemaligen Stabsgebäudes (principia) befanden sich auch jüngere Mauerzüge und Apsiden. Daneben sind auch Wohnbauten im Lagerareal nachgewiesen.

Unmittelbar westlich des Kastells lagen zwei große, durch eine gemeinsame Portikus verbundene Bauten. Das Unterkunftshaus (praetorium) (63 x 70 m) verfügte über einen zentralen Innenhof, an den sich 62 meist kleine quadratische Räume anschlossen. Im östlichen Flügel war ein kleines Bad eingebaut. Mehrere Räume waren mit Wandmalereien ausgestattet. Der Komplex wurde im frühen 2. Jh. n. Chr. errichtet. Die Ostthermen an (64 x 36 m) bestanden im vorderen Teil aus einem großen Innenhof mit Säulengang. Dahinter lagen die großteils beheizbaren Baderäume.

Ergänzter Grundriss Ostthermen und Prätorium
Modell des Prätoriums (links) und der Ostthermen

Im Bereich zwischen Ostthermen und Graben des ehemaligen Kastells wurde aufgrund eines Fundamentes (5,6 x 0,9 m) ein Ehrenbogen vorgeschlagen, zu dem auch ein Relief gehören soll, das Liktoren zeigt. Es könnte sich dabei um eine Szene von lokalpolitischer Bedeutung handeln, die mit der Gründung der Civitas in Verbindung steht.
Rekonstruktion des Ehrenbogens

Mit den Westthermen (45 x 68 m) besaß Nida eine zweite öffentliche Badeanlage mit hochwertiger Ausstattung. Lau-, Warm- und Schwitzbad waren jeweils zweimal vorhanden.

Das im Süden der Siedlung gelegene Theater (Dm. 54 m) betrat man über einen gemauerten Zugang, es war jedoch ansonsten aus Holz ausgeführt. Es fasste ca. 1000-1500 Personen.
Als unsicher gilt, ob es noch in der Kastellzeit oder später erbaut wurde.

Als Heiligtümer konnten vier Mithräen, davon zwei im Norden, eines im Süden, eines südwestlich des Praetoriums nachgewiesen werden. Es handelt sich jeweils um relativ kleine Bauten mit Vorraum und einen Kultraum, der seitliche Bänke und eine Nische für das Kultbild an der Stirnseite aufweist.


Wohnbauten

An mehreren Stellen innerhalb der Siedlung sind Wohnbauten unterschiedlichen Typs nachgewiesen. Es herrschte die Bebauung mit langrechteckigen Streifenhäusern vor. Solche Bauten (L. bis 50 m) mit straßenseitigen Läden ließen sich an der südlichen Hauptstraße (platea novi vici) nachweisen. Südlich des Prätoriums konnte jedoch auch ein Peristylhaus nachgewiesen werden. Für die meisten Bauten liegen keine Informationen zu Bauphasen oder Datierungen vor.

In einem Siedlungsausschnitt an der nördlichen Hauptstraße (platea praetoria) bestand die Bebauung aus langrechteckigen Streifenhäusern. Die Parzellengrenzen wurden vom späten 1. bis 3. Jh. n. Chr. beibehalten. Im frühen 2. Jh. n. Chr. wies die zuvor dichte Bebauung Lücken auf und wurde durch teilweise leichtere Bauten ersetzt. Im 3. Jh. n. Chr. waren dann wieder sämtliche Parzellen in Benutzung. Erst jetzt wurden Steinbauten errichtet.

Ein Wohnhaus mit sechs etwa gleich großen Räumen und einem Steinkeller entstand im Laufe des 2. Jh. n. Chr. über dem Graben des ehemaligen Kastells. Auch im Innenraum des Militärlagers entstanden Wohnbauten mit Kellern, wofür Keller und Brunnen sprechen.
Befunde römischer Wohnbauten mit Parzelleinteilung
Grundriss des Wohnhauses über dem Kastellgraben

Auffällige Konzentrationen von Töpferöfen kommen im Südteil der Siedlung und entlang der nördlichen Ausfallstraße vor.


Wasserversorgung

Zahlreich über das Stadtgebiet verteilte Brunnen lassen sich wohl einzelnen Wohnbauten zuordnen. Eine zentrale Wasserversorgung ist auch für die Thermen nicht nachgewiesen, allerdings kennen wir Abwasserleitungen aus von den Ostthermen.

Thomas Schmidts


Literatur (Auswahl)

Nida – Hauptstadt der Civitas Taunensium. Archäologischer Plan des archäologischen Areals Frankfurt am Main-Heddernheim und Praunheim (Frankfurt a. M. 1988).

P. Fasold, Ausgrabungen im teutschen Pompeji. Archäologische Forschung in der Frankfurter Nordweststadt. Museum für Vor- und Frühgeschichte, Archäologisches Museum Frankfurt am Main, 7. Juni-26. Oktober 1997. (Frankfurt am Main, 1997).

P. Fasold, Zur Gründung des Civitas-Hauptortes Nida. Traian in Germanien (Bad Homburg v. d. Höhe 1999) 235-239.

A. Hampel / S. Schäfer, Neue Wandmalerei aus Nida (Frankfurt am Main/Heddernheim). Saalburg-Jahrb. 50 (2000) 73-86.

I. Huld-Zetsche, 150 Jahre Forschung in Nida-Heddernheim. Nassauische Annalen 90, 1979, 5-38.

I. Huld-Zetsche in: Die Römer in Hessen (Stuttgart 1982) 275-293.

I. Huld-Zetsche, Nida. Eine römische Stadt in Frankfurt am Main. Schriften des Limesmuseums Aalen 48 (Stuttgart, 1994).

U. Fischer, Grabungen im Steinkastell von Heddernheim 1957–1959. Schriften des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte 2 (Frankfurt 1973).

U. Fischer u. a., Grabungen im römischen Vicus von Nida-Heddernheim 1961–1962. Schriften des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte 14 (Bonn 1998).

C. Wenzel, Die Stadtbefestigung von Nida-Heddernheim. Schriften des Frankfurter Museums für Vor- und Frühgeschichte 17 (Frankfurt a. M. 2000).

G. Wolff, Das Kastell und die Erdlager von Heddernheim. Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches (ORL) B27 (1915).