Der lateinische Name der Siedlung ist unbekannt. Sie wurde frühestens in der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. Vorort einer in Inschriften als civitas A(urelia?) G... bezeichneten Gebietskörperschaft. Der Beiname Aurelia könnte sich auf eine Gründung unter Kaiser Marc Aurel (161-180 n. Chr.) beziehen. Über die städtebauliche Entwicklung der Siedlung sind kaum Aussagen möglich. Unsere Kenntnis der Bauten beruht vor allem auf Luftbildern und geophysikalische Prospektionen, während bislang nur kleine Teile ausgegraben wurden.
Die Befunde lassen auf eine Siedlung mit einer Fläche von etwa 20 ha
schließen.
Es fehlen Hinweise auf eine Stadtmauer.
Gesamtplan der römischen Siedlung nach Luftbildern
und geophysikalischen Messungen
Der Bau im Norden der Siedlung (A) könnte zu einer dreischiffigen Forumsbasilika von ca. 45 m Länge gehören.
Ein Großbau (D) mit 18x16 m großem Innenhof und seitlich anschließenden
Raumreihen sowie einem integrierten Badetrakt lässt sich als staatliches
Unterkunftshaus interpretieren. Direkt westlich davon lag ein Thermengebäude
mit einer Folge von beheizbaren Räumen.
Grundriss der römischen Thermen
Im Süden der Siedlung (F) befand sich ein ummauerter Bezirk (80 x 70 m) mit einem Bau in der Mitte, der als Mischform von Podiums- und Umgangstempel beschrieben werden kann. Dieser war wohl dem Apollo Grannus geweiht, der auch auf Weihinschriften aus Neuenstadt genannt wird. Über einen Gang war der Tempel mit einem weiteren Gebäude verbunden, das Kultpersonal beherbergt haben könnte.
Auf dem Stadtplan sind Reste mehrerer Streifenhäuser zu erkennen. Im
Südosten
(G) befanden sich Gebäude innerhalb einer trapezförmiger Ummauerung
(ca. 40 x 40 m), die an das Haupthaus und Nebengebäude einer Villa erinnern.
Grundriss eines villenähnlichen Baukomplexes
Museum
Inschriften und Bildwerke aus Neuenstadt sind im Lapidarium des Württembergischen
Landesmuseums in Stuttgart ausgestellt.
Thomas Schmidts
C.-M. Hüssen, Die römische Besiedlung im Umland von Heilbronn. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg Band 78 (Stuttgart 2000) 263-265.
K. Kortüm, Neuenstadt am Kocher-Bürg, Kreis Heilbronn, ein "vergessener" römischer vicus. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2003, 118-122.
K. Kortüm, Wahre und falsche „Götzentempel“. Neues vom
römischen vicus von Neuenstadt am Kocher-Bürg. Archäologische
Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2004, 158-164.