Sumelocenna-Rottenburg, Vorort der civitas Sumelocennensis

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Gründung und Aufbau

Die Gründung der Siedlung erfolgte um das Jahr 90 n. Chr. Ein Militärlager ist nicht nachweisbar. Sumelocenna war zunächst Verwaltungssitz einer gleichnamigen kaiserlichen Domäne. Zu einem nicht sicher erschließbaren Zeitpunkt im 2. Jh. n. Chr. entstand die Gebietskörperschaft mit Sumelocenna-Rottenburg als Vorort. Die städtebauliche Entwicklung verlief kontinuierlich bis ins 3. Jh. n. Chr.


Stadtanlage

Die wenigen bekannten Straßenverläufe erlauben keine Aussagen zur Anlage des Wegenetzes. Die im frühen 3. Jh. n. Chr. erbaute Stadtmauer war mit Türmen und einem äußeren Umfassungsgraben versehen. Sie umschloss eine Fläche von 28 ha.

Gesamtplan der römischen Siedlung
Rekonstruktion der Stadtmauer

 

Öffentliche Gebäude und Funktionsbauten

Eine Reihe von bis zu 1,5 m starken Pfeilerfundamenten nördlich des Domes gehörte zu einem öffentlichen Gebäude von mindestens 50 m Länge. Die zugehörigen Gebäudestrukturen sind unbekannt

Pfeilerfundamente nördlich des Doms mit Ergänzungen

Innerhalb Stadtmauer konnten drei öffentliche Badeanlagen nachgewiesen werden. Im unvollständig untersuchten Bad I (39 x 8 m) fanden sich Ziegelstempel der 8. Legion. Es könnte zu einem größeren Baukomplex mit einer Reihe von Räumen gehört haben, der sich südwestlich von diesem nachweisen ließ. Das kleinere Bad II (18 x 11 m) war an drei Seiten durch Mauer begrenzt. Von Bad III ist lediglich eine Apsis mit Hypokausten bekannt.

Grundriss Bad I
Grundriss des Gebäudes bei Bad I
Grundriss Bad II

In der Nähe von Bad III befand sich innerhalb eines Wohnblocks eine große öffentliche Latrine (32 x 5,3 m). Die nicht erhaltene hölzerne Sitzreihe für bis zu 35 Personen war U-förmig über einem mit Wasser durchflossenen Kanal angelegt. Vor der Sitzreihe floss Frischwasser in einer Rinne zur Reinigung.

Grundriss der Latrine (Bildmitte) und der angrenzenden Gebäude mit Ergänzungen

Der im Westen der Stadt gelegene Tempelbezirk war ca. 50 m breit und mindestens 60 m lang. Zu den sieben innerhalb der Umfassungsmauer nachgewiesenen Gebäuden gehörten zwei Umgangstempel (L. 17,5 m) und 2 Kapellen (L. 5,5 m). Der Weihbezirk entstand im 2. Jh. n. Chr. Welche Götter verehrt wurden, ist unbekannt.

Tempelbezirk


Wohnbebauung

Die Ausschnitte zweier Gebäudeblocks mit Wohnbebauung konnten im Bereich der Latrine untersucht werden. Nördlich von dieser, durch eine Straße getrennt, lagen zwei Streifenhäuser mit 10 m Frontbreite und etwa 25 m Länge. Die Räume erschlossen sich über einen Mittelgang. Südlich der Latrine folgte ein Baukörper mit vier Räumen, der wohl nachträglich in eine Baulücke eingepasst worden war. Daran schloss sich ein mehrräumiges, nur teilweise bekanntes Peristylgebäude (ca. 50 x 24 m) an. In seinem Hof befand sich ein kreuzförmiges Wasserbecken. An diesem lagen repräsentative, mit Hypokaustheizung versehene Räume. Die Grundfläche des Anwesens lässt sich auf ca. 1200 m2 berechnen.

Nördlich der beschriebenen Bauten befand sich ein weiteres repräsentatives Stadthaus mit einem Peristyl hinter einer zur Straße hin verlaufenden Portikus. Im hinteren Bereich des Hauses befanden sich beheizbare Räume. Den Steinbauten ging eine ältere Holzbauphase voraus, die auch an anderen Stellen innerhalb der Siedlung nachgewiesen wurde und dort bis in die Mitte des 2. Jh. n. Chr. dauern konnte.
Ergänzter Grundriss eines teilweise untersuchten Peristylhauses (Eugen-Bolz-Platz 7)

An einer Straße nordöstlich der Stadtmauer befanden sich Töpfereien.


Wasserversorgung

Mehrere Wasserleitungen belieferten die Siedlung mit Frischwasser. Die längste überwand die 7,16 km lange Entfernung vom westlich gelegenen Rommelstal. Die Kanäle waren aus Muschelkalk gemauert (B. 0,8 m). Es handelt sich um die längste römische Wasserleitung rechts des Rheins.

Verlauf der römischen Wasserleitung
Querschnitt der römischen Wasserleitung


Sichtbare Reste und Museum
Die öffentliche Latrine wurde konserviert und ist heute Teil des römischen Stadtmuseums Rottenburg. Dort werden auch Funde aus der römischen Siedlung ausgestellt.

Thomas Schmidts


Literatur (Auswahl)

A. Gaubatz-Sattler, Sumelocenna. Geschichte und Topographie des römischen Rottenburg am Neckar nach den Befunden und Funden bis 1985. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 71 (Stuttgart 1999).

K. Heiligmann, Sumelocenna. Römisches Stadtmuseum Rottenburg am Neckar. Führer zu Arch. Denkmälern in Baden-Württemberg, 18 (Stuttgart2 2003).

H. Reim, Die römische Wasserleitung bei Obernau, Stadt Rottenburg am Neckar, Kreis Tübingen. Kulturdenkmale in Baden-Württemberg. Kleine Führer 67 (Stuttgart 1993).

D. Planck/A. Gaubatz in: Die Römer in Baden-Württemberg (Stuttgart3 1986) 510-519.

Berichte zu Ausgrabungen in Rottenburg:
Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1981 ff.