Die Gründung der civitas Mattiacorum lässt sich aufgrund eines Meilensteines vor das Jahr 122 n. Chr. datieren. Sie dürfte mit dem Abzug des Militärs im frühen 2. Jh. n. Chr. in Zusammenhang stehen. Entscheidend für die Entwicklung des Ortes waren die Heilquellen, die auch von Soldaten genutzt wurden. Der Ausbau der Thermen fällt im Wesentlichen ins 2. Jh. n. Chr. Bautätigkeit kann bis ins 3. Jh. n. Chr. nachgewiesen werden. Die Verwendung von Ziegeln mit Legionsstempeln belegt die Beteiligung des Militärs an den Bauarbeiten.
Ein Kastell wurde auf dem Heidenberg spätestens um die Mitte des 1. Jh.
n. Chr. errichtet. Die militärische Nutzung des Platzes bereits in augusteischer
Zeit zu Beginn des 1. Jh. n. Chr. ist nicht auszuschließen, möglicherweise
befand sich das erste Lager aber auch an anderer Stelle (Umgebung Martiusplatz).
Das jüngste Kastell (2,2 ha) wurde im frühen 2. Jh. n. Chr. geräumt.
Grabsteine von Auxiliarsoldaten lassen Rückschlüsse auf stationierte
Truppen zu.
Grundriss
des Steinkastells
Zur Anlage der Siedlung und zum Straßennetz können aufgrund der
bekannten Ausgrabungen kaum Aussagen getroffen werden. Die Fundverteilung lässt
auf eine Fläche von ca. 20 ha schließen. Der Civitas-Vorort besaß
keine Stadtmauer; die nicht vollendete Heidenmauer datiert erst in die zweite
Hälfte des 4. Jh. n. Chr.
Gesamtplan
der römischen Befunde
In der Nähe des Kochbrunnens (Kranzplatz) im Norden der Siedlung entstanden mindestens zwei Bäder und ein Unterkunfts- oder Kurhaus. In den großen Thermen am Kranzplatz befanden sich vier Becken (max. 14 x 7,5 m), die vom Thermalwasser gespeist wurden. Gleiches gilt für mehrere kleine Wannen. Die Becken waren an ein Thermengebäude angeschlossen. Die Baugeschichte ist unsicher. Ein Kernbau könnte im späten 1. Jh. n. Chr. entstanden und im 2. Jh. n. Chr. erweitert worden sein. Ziegel mit Legionsstempel belegen eine Beteiligung des Militärs am Bau. Ein weiteres, in Ausschnitten untersuchtes Bad mit einem Becken und einem hypokaustierten Raum befand sich nördlich der großen Thermen. In unmittelbarere Nachbarschaft zu den großen Thermen lag auch ein Gebäude mit einer Reihe von kleinen Räumen und einem großen Innenhof. Es wurde im 2. Jh. n. Chr. erbaut und gilt als Kur- und Unterkunftshaus.
Römische Bäder und Unterkunftshaus im Bereich
des Kranzplatzes |
Grundriss der großen Thermen am Kranzplatz |
Über die Thermen in der Schützenhofstraße ist wenig bekannt.
Die vereinzelten Mauerzüge deuten auf einen größeren Baukomplex
hin.
Römische
Mauerzüge in der Schützenstraße
Unklar ist die Interpretation eines Rundbaus (Dm. 14 m) mit drei anschließenden
langrechteckigen Bauten und einem kleinen Gebäude mit Apsis. Der Rundbau
wurde als Schwitzbad interpretiert, eine Beheizung konnte allerdings nicht nachgewiesen
werden.
Grundriss
eines römischen Gebäudekomplexes beim Kaiser-Friedrich-Bad
Das Mithrasheiligtum (Coulinstraße) war teilweise in einen Fels eingetieft.
Auf einen Vorraum folge der Kultraum mit seitlichen Bänken. Der Bau entstand
im 3. Jh. n. Chr.
Grundriss des Mithrasheiligtums und Querschnitt
Die Wohnbebauung ist kaum bekannt. Grundrisse liegen von einer größeren Ausgrabung vor (Langgasse 5-9). Im südlichen Teil befanden sich zwei langrechteckige Holzbauten (L. 12,2 m), die ins späte 1. und frühe 2. Jh. n. Chr. datieren. Von einem direkt nördlich anschließenden, wohl jüngeren Steingebäude konnten mehrere Räume mit hölzernen Trennwänden dokumentiert werden. | Im südlichen Bereich der Siedlung (Mauritiusstraße, Mauritiusplatz) entstanden aufgrund des sumpfigen Untergrundes Holzbauten auf Pfählen. Von diesen haben sich lediglich die Pfahlroste erhalten. | ||
Römische Gebäude (Langgasse 5-9) |
Rekonstruktion römischer Häuser auf Pfahlrosten. |
Thomas Schmidts
W. Czysz, Wiesbaden in der Römerzeit. (Stuttgart 1994).
W. Czysz, Vom Römerbad zur Weltkurstadt. Geschichte der Wiesbadener heissen Quellen und Bäder. Schriften des Stadtarchivs Wiesbaden 7. (Wiesbaden 2000).
M. Mattern, Die römischen Steindenkmäler des Stadtgebiets von Wiesbaden und der Limesstrecke zwischen Marienfels und Zugmantel. Corpus Signorum Imperii Romani, Deutschland II,11 (Mainz 1999).
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E. Ritterling, Das Kastell Wiesbaden. Der obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches (ORL) B 31 (1909).
H. Schoppa. Aquae Mattiacae. Wiesbadens römische und alamannisch-merowingische Vergangenheit (Weisbaden 1974).
H. G. Simon in: Die Römer in Hessen (Stuttgart 1982) 485-492.