Bad Wimpfen, Vorort der civitas Alisin…

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Gründung und Aufbau

Der lateinische Name der Siedlung ist unbekannt. Sie wurde nach dem Abzug des Militärs um 150/160 Vorort einer in Inschriften unvollständig als civitas Alisin... (=Alisinensium ?) bezeichneten Gebietskörperschaft. Über Aufbau und Entwicklung der Siedlung ist außer dem Bau der Stadtmauer wenig bekannt.


Militärlager

Ein römisches Kastell entstand frühestens um 90 n. Chr. Es wurde lokalisiert, jedoch fehlen aufgrund der neuzeitlichen Überbauung Grundrisse von der Innenbebauung. Aus dem Kastellvicus sind hölzerne Streifenhäuser bekannt. Ziegelstempel und Grabsteine überliefern mehrere Truppen.


Stadtanlage

Die wenigen bekannten römischen Straßenzüge sprechen gegen ein rechwinkliges Straßennetz. Eine Achse bildete der auf die römische Brücke über Neckar und Jagst zulaufende Weg. Die 1,9 km lange, mit Türmen und Zinnen ausgestattete Stadtmauer umschloss eine Fläche von ca. 19 ha. Der 2 m breiten Mauer war ein Graben vorgelagert. Ihre Erbauung kann in das späte 2. oder frühe 3. Jh. n. Chr. datiert werden.

Gesamtplan des römischen Bad Wimpfen
Rekonstruktion der römischen Stadtmauer


Öffentliche Gebäude und Funktionsbauten

Öffentliche Bauten wurden im römischen Bad Wimpfen bislang nicht hinreichend untersucht. Mehrere Mauerzüge mit einer Hypokaustanlage im Süden des ehemaligen Kastellbereiches werden mit einem möglichen öffentlichen Gebäude von mindestens 20 m Länge in Verbindung gebracht. Im Ostteil der Stadt konnte ein langrechteckiges Haus ausgegraben werden, in dem sich Fragmente von 30 Götterbildern befanden. Hier könnte es sich um eine eventuell von einem Verein betriebene Kultstätte gehandelt haben.


Wohnbauten

Im östlichen Teil der Siedlung (Krautgärtle) wurden Streifenhäuser auf 16 Parzellen mit 8-12 m Breite und bis zu 65 m Länge untersucht, die sich durch den Bau der Stadtmauer auf bis zu 50 m verkürzten. In der Holzbauphase (bis 160/170 n.Chr.) waren sämtliche Parzellen mit jeweils einem Baukörper belegt. In der jüngeren Steinbauphase kam es teilweise zur Zusammenfassung benachbarter Parzellen. Die Häuser erreichten eine Länge von 20-30 m. In den rückwärtigen Bereichen sind handwerkliche Aktivitäten, darunter Töpfereien in der Holzbauphase belegt. In einem der Steinbauten wurden die bereits erwähnten Götterbilder gefunden.

Ergänzter Übersichtsplan der Befunde von Wohnbauten im Ostteil der Siedlung. Holzbauphase (vor 160/170 n.Chr.)
Befunde von Wohnbauten im Ostteil der Siedlung. Steinbauphase (nach 160/170 n.Chr.)

In der südwestlichen Ecke der Stadtmauer konnten ebenfalls Wohn- und Wirtschaftsbauten nachgewiesen werden. Nördlich einer Straße befanden sich Streifenhäuser, südlich davon um gewerblich genutzte Bauten mit der Längsseite zu Straße orientiert. Abgesehen von einem Holzfachwerkbau waren alle Häuser in Stein ausgebaut.

Befunde von Steinbauten im Südwesten der römischen Siedlung


Hafen
Eine Hafenanlage wird im Bereich der Jagstmündung vermutet.


Museum
Römische Funde aus Bad Wimpfen sind im Museum im Steinhaus ausgestellt.

Thomas Schmidts


Literatur (Auswahl)

Das römische Wimpfen. Ergebnisse der arch. Ausgrabungen von 1983-1987. Regia Wimpina 5 (Bad Wimpfen 1988).

M. N. Filgis, Holzfachwerkbauten im Kastelvicus von Wimpfen, Neckar-Odenwaldlimes: Topographie, Siedlungsstruktur, Nutzungszonen, Grundrisstypen sowie belegbare Nutzungen. In: Limes XVIII. Proceedings of the XVIIIth Congress of Roman Frontier Studies. British Archaeological Reports International Series 1084 (Oxford, Archaeopress 2002) 395-402.

M. N. Filgis, Umnutzung eines luxuriös ausgestatteten Streifenhauses für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte im Vicus von Wimpfen. In: Roman frontier studies 1995. Proceedings of the XVIth Congress of Roman Frontier Studies. Oxbow Monograph 91 (Oxford 1997) 205-213.

M. N. Filgis, Ausgewählte Baubefunde des Handwerks und Gewerbes im römischen Vicus von Wimpfen. In: The impact of Rome on Settlement in the Northwestern and Danube Provinces. British Archaeological Reports International Series 921 (Oxford 2001) 19-36.

M. N. Filgis, Baubefunde von Metallhandwerkern und Kalkbrennern im römischen Wimpfen, Kr. Heilbronn. - in: Bautechnik der Antike (Mainz 1991) 47-52.

M. N. Filgis in: Bad Wimpfen I. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden- Württemberg 39 (Stuttgart 1991) 9-25.

M. N. Filgis, Stadt oder Dorf? Zwei römische Siedlungen im Neckarraum. In: Stadt und Umland. Neue Ergebnisse der archäologischen Bau- und Siedlungsforschung (Mainz 1999) 50-62.

M. Pietsch in: Die Römer in Baden-Württemberg (Stuttgart3 1988).

Berichte zu Ausgrabungen in Bad Wimpfen in:
Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 1983, 141-148; 1984, 116- 126; 1985, 139- 146; 1986, 125-132; 1987, 117-120.