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Municipum Aelium = Colonia Aurelia Antoniniana Ovilavis – Wels (Oberösterreich)

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Gründung und Aufbau

Der Name der Siedlung lautete eher Ovilavis als Ovilava und geht auf ein keltisches Wort zurück. Die römische Siedlung liegt unter der heutigen Innenstadt von Wels an einem Kreuzungspunkt der von Virunum über den Pyhrnpass und von Iuvavum zur Donau führenden Straßen an einer Traunfurt. Ein Vicus an diesem Verkehrsknotenpunkt dürfte sich bereits spätestens in der zweiten Hälfte des 1. Jh. n.Chr. entwickelt haben. Eher unter Hadrian (Inspektionsreise 121/122) als unter Antoninus Pius erhielt die Stadt Munizipalrang, unter Caracalla (211–217) Colonialstatus. Die unterschiedlichen Stadttitulaturen und städtische Beamte sind mehrfach inschriftlich überliefert.

Die Existenz eines Militärlagers im näheren Umfeld der Stadt ist auszuschließen. Die nächsten Auxiliarkastelle befanden sich in Eferding (Ad Mauros?) und Lentia (Linz), etwa einen Tagesmarsch entfernt. Ab dem ausgehenden 2. Jh. diente Ovilavis neben Lauriacum (Lorch-Enns), dem Standlager der legio II Italica, als Verwaltungsmittelpunkt von Noricum, vielleicht zeitweilig als Statthaltersitz.

Über die Siedlungsentwicklung ist wenig bekannt, eine früher angenommene Zerstörung durch ein Hochwasser unter Commodus mit anschließender Siedlungsverschiebung wird heute hinterfragt.


Stadtanlage, öffentliche Platzanlagen und Funktionsbauten

Die traditionell in das späte 2. oder frühe 3. Jh. datierte bzw. mit der Erhebung zur Colonia in Zusammenhang gebrachte, vielleicht aber wesentlich jüngere Stadtmauer umschloss eine Fläche von 90 ha und überbaute mehrfach ältere Gebäude. Der max. 1,4 m breite Mauerzug besaß an verschiedenen Stellen Türme und bis zu vier vorgelegte Spitzgräben.

Ohne Zweifel besaß Ovilavis einen Rasterplan, bisher sind aber zu wenige Straßenzüge kartiert worden, um das System verlässlich darstellen zu können. Die nördlichste der drei bisher festgestellten parallelen Ost-West-Straßen besitzt eine Porticus und setzt sich außerhalb der Stadt (Meilenstein) fort; sie ist als decumanus maximus zu bezeichnen. Ebenso sind drei Nord-Süd-Straßen bekannt, von denen eine zur Traunbrücke führte. Eine südlich der Traun aufgefundene Fernwasserleitung musste ebenfalls über den Fluss geführt werden.

Für das Forum wurden mehrfach theoretische, wenig überzeugende Lokalisierungsversuche unternommen. Ein nach Ziegelstempeln von einem norischen Statthalter um 200 n.Chr. erbauter, mit Bleirohrwasserleitung, Mosaiken und Fußbodenheizungen reich ausgestatteter, im Grundriss aber nicht darstellbarer Gebäudekomplex befand sich im Bereich des mittelalterlichen Minoritenklosters. Es könnte sich um den städtischen Amtssitz des Legionskommandanten handeln.

Zusammenhängende Grundrisse von Wohnbauten liegen bislang nicht vor.


Sichtbare Reste und Museen

Im Stadtmuseum Wels (ehem. Minoritenkloster) sind neben der üblichen Schausammlung Befunde des Statthalterbaues und Nachbauten von eingerichteten Wohnräumen und einer Gräberstraße zu sehen.


Literaturauswahl

L. Eckhart, Die Skulpturen des Stadtgebietes von Ovilava, CSIR Österreich III 3 (1981).

M. Hainzmann, Ovilava – Lauriacum – Virunum. Zur Problematik der Statthalterresidenzen und Verwaltungszentren Norikums ab 170 n. Chr., Tyche 6, 1991, 61–85.

P. Karnitsch, Die Reliefsigillata von Ovilava, Schriftenreihe d. Inst. f. Landeskunde v. Oberösterreich 12 (1959).

R. Miglbauer, Ein römerzeitlicher Verwahrfund aus Wels, OÖ., Bayer. Vorgeschichtsblätter 53, 1988, 287–292.

R. Miglbauer, Die Gefäßkeramik der Grabung Wels Marktgelände, RCRF Acta Suppl. 7 (1990).

R. Miglbauer, Ovilava – Wels. Der Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter,

BeitrMAÖ 17, 2001, 149-161.

R. Miglbauer, Ovilavis, in: M. Šašel Kos – P. Scherrer (Hrsg.), The Autonomous Towns in Noricum and Pannonia – Die autonomen Städte in Noricum und Pannonien: Noricum, Situla 40 (2002) 245–256.

H. Sedlmayer, Die römischen Fibeln von Wels, Quellen u. Darstellungen z. Geschichte v. Wels 4 (1995).

S. Zabehlicky-Scheffenegger, Römerzeit, in: Stadtmuseum Wels. Katalog, Jahrbuch Musealverein Wels 22, 1979/80, 45–128.