Noricum: Aufbau der römischen Provinzstruktur

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Grenzen

Die räumliche Ausdehnung des freien regnum Noricum vor der römischen Okkupation im Jahre 15 v. Chr. kann nur ungefähr abgeschätzt werden (Abb. 1–3). Das Kernland lag im Drautal, zugehörig war das ganze südöstliche Ostalpengebiet mit Kärnten, Osttirol, Teilen Südtirols (Pustertal und Eisacktal), zumindest dem südlichen Salzburg (Salzach- und Saalachtal) und Teilen der Steiermark und Nordsloweniens (Raum um Celeia – Celje).

Die Südgrenze von Noricum zu Italia dürfte – abgesehen vom Puster- und Eisacktal bzw. dem Raum um Celje – ziemlich identisch mit der heutigen Grenze Österreichs zu Italien bzw. Slowenien gewesen sein, wobei die Frage, ob die Grenze wie heute auf den Gebirgskämmen der Karawanken und Karnischen Alpen verlief oder am südlichen Fuß der Berge, offen ist. Iulium Carnicum / Zuglio, seit der augusteischen Neuordnung Italiens zu dessen regio X gehörend, und spätestens unter Claudius municipium, wird beim Geographen Ptolemaios nach dessen älteren (voraugusteischen) Quellen als Ort inter Noricum et Italiam bezeichnet.

Nach der Vernichtung der Boier um die Mitte des 1. Jh. v. Chr. kontrollierten die Noriker wohl auch das nördliche Vorland der Ostalpen westlich des Inns bis zur Donau, zeitweilig erstreckte sich ihr Einflussbereich im Osten bis zum Balaton (Plattensee, lacus Pelso). Nach dem Bericht des Generals Velleius Paterculus über den Aufmarsch des späteren Kaisers Tiberius gegen den Markomannenkönig Marbod war Carnuntum im Jahre 6 n. Chr. noch "ein Ort in Noricum".

Spätestens zur Zeit des Kaisers Claudius (41–54 n. Chr.) wurden die Gebiete östlich des Wiener Waldes und der Einzugsbereich des Flusses Raab zu Illyricum bzw. der bald darauf gegründeten Provinz Pannonien geschlagen. Sicher zu Pannonien gehörte an der Donau der Kastellort Klosterneuburg / Arrianis? direkt westlich von Wien, das östlichste Lager von Noricum war Zeiselmauer / Cannabiaca?. Nach Süden zu ist aber die kaiserzeitliche Grenzziehung zwischen den Provinzen Noricum und Pannonia (superior) nicht genau festzulegen. Wahrscheinlich gehörten die nach Osten entwässernden kleine Flüsse südlich Wiens und die Bucklige Welt zu Pannonien, im steirischen Raum das ganze Murtal zu Noricum. Das Einzugsgebiet der oberen Raab bis zur Einmündung der Lafnitz wird traditionell als zu Noricum gehörig angesehen, könnte aber wie der Unterlauf des Flusses auch schon zu Pannonien gehört haben. Der Bereich um Maribor in Slowenien mit den Marmorbrüchen am Pohorje dürfte zumindest wirtschaftlich nach Poetovio in Pannonien orientiert gewesen sein, lag aber vielleicht formal in Noricum.

Im Westen grenzte die Provinz Raetia et Vindelicia an Noricum, die Grenze verlief im Norden ungefähr entlang des Inns, ab Kufstein vermutlich ungefähr nach Süden über das Ziller- und Eisacktal, dessen Zugehörigkeit zwischen Noricum und Raetien in der römischen Kaiserzeit mehrfach gewechselt haben dürfte. Strittig ist in der modernen Wissenschaft, ob ein gewisser Streifen auch am westlichen Innufer von Passau bis zur Kufsteiner Pforte zu Noricum gehörte, wie gewisse Indizien im Fundspektrum nahe legen.

 

Die einheimische Bevölkerung

Nach den Angaben bei Claudius Ptolemaios (Geographike hyphegesis) und nach epigraphischen Quellen am Magdalensberg und in Paternion im Drautal in Kärnten sowie in Iulium Carnicum / Zuglio (Friaul) ist die Lokalisierung einer Reihe von Bevölkerungsgruppen im Westen und Süden von Noricum möglich. Ausschließlich für den Norden, also das Alpenvorland entlang der Donau, bleibt die Frage nach der Stammeszugehörigkeit der Siedler offen, wobei es sich hier wohl um Boier oder bis Mitte des 1. Jh.s v.Chr. unter boiischer Hoheit lebende Bevölkerungsgruppen handelte. In caesarischer Zeit wird der norische König Voccio in Zusammenhang mit überregionalen politischen Kontakten genannt; Caesar berichtet, dass die Schwester des Voccio eine Nebenfrau des Heerführers der Sueben, Ariovist, war. Für das Jahr 49 v. Chr. wird berichtet, dass ein norischer König (ab rege Norico) Caesar 300 Reiterkrieger im Kampf gegen Pompeius anbot. Im Zuge der römischen Okkupation dürfte es 15 v. Chr. zu kriegerischen Auseinandersetzungen insbesondere im Westen von Noricum gekommen sein, zumal auf dem Tropaeum Alpium, dem offiziellen Siegesdenkmal des Augustus nach dem Alpenfeldzug, ein (nordwest?-) norischer Stamm, die Ambisontes, unter den Besiegten aufgelistet ist.

Nach überwiegender Meinung der Forschung lebten in Zentralkärnten (Mittellauf der Drau, Glantal und Nebentäler) die namengebenden Norici, drauaufwärts in Oberkärnten die Ambidravi, in Osttirol die Laianci (vgl. den Ortsnamen Lienz). Im Puster- bzw. oberen Eisacktal mit den Hauptorten Sebatum / St. Lorenzen im Pustertal und Sabiona / Säben bei Klausen (Südtirol) werden die Saevates (bei Ptolemaios: Sebatoi ) lokalisiert. Die Ambisontes dürften eher im Salzach- und Saalachtal, also im heutigen Salzburger Pinzgau und Pongau, als – wie auch versucht wurde zu beweisen – im Isonzotal, gesiedelt haben. Nordwestlich benachbart waren ihnen dann die Alounae oder Alaunoi im Chiemgau und Rupertiwinkel bzw. wohl rund um Iuvavum und im Salzburger Flachgau. Im äußersten Südosten könnten die nur indirekt aus einem Personennamen Ambisavus erschließbaren Ambisavi gewohnt haben, vielleicht ist dies ein später Name für die in den antiken Quellen genannten "Norischen Taurisker". Weitere Stammesnamen wie die Helvetii und Uperaci sind nicht mit einiger Sicherheit an bestimmte Landschaften zu binden, am ehesten noch die Ambilini, die das Gailtal südwestlich von Santicum / Villach mit dem Hauptort auf der Gurina (antiker Name unbekannt) besiedelt haben dürften. Im Tiroler Inntal siedelten als Nachbarn der Noriker die rätischen Breuni, im nordwestpannonischen Bereich und im nördlichen Ostalpenvorland die Boii.

In Hinblick auf die Zugehörigkeit der norischen Stämme zum keltischen Kulturkreis geben die latènezeitlichen Fundbestände Auskunft. Als spätkeltische Zentralorte sind hauptsächlich die Siedlungen auf Höhenrücken zu erfassen, deren Aufgabe in vielen Fällen um die Mitte des 1. Jhs. v. Chr. einsetzte. Neuere Untersuchungen in Höhensiedlungen erfolgten in Uttendorf, Goldegg, Stöffling, Linz, Kulm bei Weiz, Frauenberg bei Leibnitz, Gracarca, Maria Saal und Gurina. Spätkeltische Münzprägung ist aufgrund von Tüpfelplatten in Traunstein, Neubau zwischen Linz und Wels, Linz und Frauenberg bei Leibnitz indiziert; die zahlreichen Prägeherren von Noricum ab dem mittleren 2. Jh. v.Chr. scheinen in den historischen Quellen aber nicht auf. Der Grabbrauch spätkeltischer Zeit (Latène D) ist bislang nur in wenigen Fällen zu rekonstruieren, Brandgräber dürften vorherrschen.

 

Militärplätze

In Noricum ist für die frührömische Zeit von kleinen Garnisonen auszugehen, die zum Kommandobereich von Illyricum bzw. Pannonien gehörten. So belegen die Inschriften auf dem Magdalensberg Angehörige einer cohors I Montanorum, die Präsenz von equites und von einem quaestor veteranorum der legio VIII Augusta. Um die Mitte des 1. Jh.s n.Chr. ist sodann eine Inschrift samt Reiterrelief aus St. Veit an der Glan mit der Nennung des Ti. Claudius Attucius, eines missicius der cohors I Noricorum, zu datieren. Frührömische Waffenfunde wie beispielsweise ein Gladiusbeschlag aus dem Heiligtum auf dem Frauenberg bei Leibnitz oder eine Pilumspitze von Pusarnitz lassen bislang höchstens auf kleinere Stützpunkte schließen. Für eine solche Stationierung im Landesinneren könnte auch der Befund eines noch nicht ausgegrabenen und somit undatierbaren Standlagers am Ostrand der Provinzhauptstadt Virunum einen Hinweis geben. Dass es einsatzbereite Heeresverbände im Bürgerkriegsjahr 68/69 auf dem Boden von Noricum gab, belegt die Angabe in den Historien des Tacitus, wonach neben der ala Auriana und acht Kohorten auch die iuventus Noricorum am Inn zusammengezogen wurde. Der Nachweis eines Marschlagers in Mühltal könnte einen Hinweis auf diese Maßnahmen liefern.

Der tatsächliche Ausbau einer militärischen Grenzverteidigung erfolgte in flavischer Zeit und dies zu Beginn ausschließlich unter Errichtung von Auxiliarkastellen (Boiodurum-Passau, Lentia-Linz, Wallsee, Arelape-Pöchlarn, Favianis-Mautern, Augustianis-Traismauer, Asturis-Zwentendorf, Comagenis-Tulln, Cannabiaca-Zeiselmauer). Mit dem Verlauf bzw. dem Ende der Markomannenkriege kam es zu einer Reorganisation der Verteidigungslinie an der Donau und zur Errichtung weiterer militärischer Anlagen: ein Legionslager wurde nach einer ersten kurzfristigen Stationierung der legio II Italica in Südostnoricum bei Locica (Slowenien) um 170 n. Chr. zuerst in Albing östlich der Ennsmündung und letztlich um 200 n. Chr. in Lauriacum-Enns errichtet. Auxiliarkastelle entstanden in Schlögen an der Donau und vermutlich ab dem späten 2. Jh. in Mauer bei Amstetten.

 

Civitasvororte und römische Städte

Die römische Erschließung der Provinz und Aufsiedlung erfolgte über annähernd 150 Jahre und verlief abgesehen von einigen Ausnahmen kontinuierlich von Süden nach Norden. Während die ältesten municipia im Südteil von Noricum bereits unter Claudius angelegt wurden, wurde unter den Flaviern und Traian der Grenzausbau an der Donau vorangetrieben und unter Hadrian (117–138) oder spätestens seinem Nachfolger Antoninus Pius (138–160) die Munizipalisierung und Aufsiedlung des Hinterlandes mit villae rusticae und Dorfsiedlungen im nördlichen Alpenvorland weitgehend abgeschlossen. Abgesehen von den wichtigen Häfen Lauriacum / Enns und eventuell Lentia / Linz an der Donau sind in der Regel auch die kleineren Orte umso jüngeren Entstehungsdatums, je weiter sie im Norden liegen.

In Noricum wurde die römische Verwaltung nach der Okkupation bzw. in der Frühphase der Provinzwerdung (ca. 15 v. Chr. – ca. 50 n. Chr.) in der Mitte des 1. Jh.s v.Chr. gegründeten römischen Händlerstadt auf dem Magdalensberg angesiedelt, wo auch streng bewachte kaiserliche Goldschmelzen errichtet wurden. Nach Einrichtung der Provinz wurde Virunum Sitz des procurator Augusti, Teile der Verwaltung haben sich wohl in Celeia an der Bernsteinstraße befunden. Die Bergwerksverwaltung scheint sich in Hohenstein, wo man der Göttin Noreia ein Heiligtum errichtete, bzw. im Raum um Tiffen und Feldkirchen, also einige Wegstunden nordwestlich von Virunum befunden zu haben. Celeia (Celje) im Südosten an der Voglajna, Virunum (Zollfeld südlich St. Veit an der Glan), Teurnia (St. Peter im Holz bei Spittal an der Drau) und Aguntum (Dölsach bei Lienz) im Drautal und Iuvavum (Salzburg) an der Salzach wurden von Claudius in den Rang von municipia, Statutarstädten, erhoben, unter Kaiser Vespasianus folgte Flavia Solva (Wagna bei Leibnitz) an der Mur, wohl unter Hadrian im Norden der Provinz Ovilavis (Wels) an der Traun und Cetium (St. Pölten) an der Traisen.

Celeia lag direkt am Fuße des in der späten Latènezeit als keltisch-tauriskischen Siedlungspunkt mit Münzprägung ausgewiesenen Miklavski hrb (Nikolausberg) und folgt somit als einzige norisch-römische Stadt einer bedeutenden lokalen Siedlung. Virunum war eine Neugründung in der Nachfolge der Stadt auf dem Magdalensberg, es gibt aber schon augusteische Siedlungsspuren auf dem umgebenden Zollfeld, vor allem beim hadrianischen Tempelbezirk von St. Michael. Teurnia könnte als Stadtanlage auf dem Holzerberg an ein latènezeitliches Heiligtum angeknüpft haben, eine größere Siedlung bestand hier in vorrömischer Zeit nicht. Für Aguntum dürfte ein augusteisches Straßenknotendorf römischer Händler als Siedlungskern fungiert haben, kaum erforschte latènezeitliche Siedlungen lagen aber in der Nähe. Ähnlich ist die Situation in Iuvavum. Für Flavia Solva, ebenfalls erstmals als Furtsiedlung an der Mur in augusteischer Zeit nachweisbar, ist als Vorgängersiedlung mit Heiligtum und anscheinend Münzprägestätte im 2./1. Jh. v.Chr. bis in claudische Zeit hinein der in Sichtweite gelegene Frauenberg gesichert. Im Umland des aus der Retorte ohne Vorgängersiedlung gegründeten municipium Aelium Cetium gibt es bisher nur wenige Hinweise auf spätlatènezeitliche Besiedlung, der nächstgelegene größere Ort scheint etwa 12 km nördlich bei Herzogenburg gewesen zu sein, eine römische Furtsiedlung wurde an der Traisen in Unterradlberg bzw. Pottenbrunn zwischen Herzogenburg und St. Pölten erst im späten 1. Jh.n.Chr. angelegt. Ovilavis wurde zwar ebenfalls erst unter Hadrian zur Stadt erhoben, Siedlungsspuren reichen hier jedoch bis in flavische Zeit zurück. Spätlatènezeitliche Streusiedlungen sind im Umland zu erfassen (Neubau, Oberthan), der tatsächliche keltische Zentralort lag jedoch 25 km nordöstlich, im Bereich von Lentia-Linz, mit Höhensiedlungen beiderseits der Donau auf dem Freinberg und Gründberg. Lentia-Linz wurde vielleicht schon in claudischer Zeit, spätestens unter den Flaviern Standort eines Auxiliarkastells.

Nach 170 n. Chr. wurde im Zuge einer Verwaltungsreform des Kaiser Marcus Aurelius erstmals eine Legion nach Noricum verlegt, die in Lauriacum um 200 n. Chr. ihr endgültiges Lager bezog, der Statthaltersitz wurde in den angrenzenden canabae legionis eingerichtet. Teile der Verwaltung dürften damals auch in das unter Caracalla zur colonia erhobene Ovilavis verschoben worden sein. Der Finanzprocurator, der für das Steueraufkommen verantwortlich war, verblieb anscheinend in seinem angestammten Amtssitz Virunum.

An den Grenzen zu Italien und Rätien befanden sich an allen wichtigen Straßen Zollämter (stationes portorii publici Illyrici), außerdem dürften dort, in den Städten und größeren Handelssiedlungen (vici ) im 2. Jh. n. Chr. Benefiziarierposten eingerichtet worden sein. Die beneficiarii, besonders ausgesuchte Soldaten, bildeten die unterste Ebene der staatlichen Lokalverwaltung und sorgten unter anderem für Sicherheit auf den Straßen, Instandhaltungsmaßnahmen an öffentlichen Bauwerken, die Zustellung von amtlichen Schriftstücken und die Ergreifung und Überstellung von Kriminellen an die Statthalterei.

 

Verkehrswege

Entsprechend der Dominanz des Hochalpenraums, der ganz Noricum von Westen nach Osten durchzog, dienten vor allem die Flusstäler bzw. die Flüsse selbst als Verkehrswege, teilweise mussten für die Nord-Süd-Erschließung beschwerliche Pässe bis zu 3200 m über dem Meeresspiegel überwunden werden. Das Straßensystem lässt sich aus Angaben in der Tabula Peutingeriana, der einzigen aus der Antike überlieferten "Straßenkarte" und dem Itinerarium Antonini, einem vielleicht am Kaiserhof entstandenen Reisehandbuch, sowie Meilensteinen und archäologischen Befunden weitgehend rekonstruieren.

Noricum wurde von Italien aus auf einer Route von Iulium Carnicum über den Plöckenpass erreicht, von wo Straßen nach Aguntum, Teurnia und über das Gailtal nach Villach in das Drautal führten, das zugleich eine Ost-West-Hauptverbindung durch ganz Südnoricum darstellte. Über das Kanaltal und Santicum (Villach) erreichte die wichtigste Südverbindung von Aquileia aus Virunum, von wo eine Hauptstraße über Iuenna (Globasnitz) den Anschluss an die Bernsteinstraße in Celeia herstellte. Von Aguntum führten eine Straße über das Hochtor am Großglockner (Passheiligtum) in den Pinzgau (Salzachtal) und weiter nach Iuvavum bzw. in das Alpenvorland und den Chiemgau. Von Teurnia gelangte man über den Katschberg in den Lungau (Straßenstation Immurium / Moosham), dann in das obere Ennstal und weiter nach Iuvavum oder entlang der Enns und den Pyhrnpass (Straßenstation Gabromagus / Windischgarsten) in das Steyrtal und bei Steyr wieder an die Enns und bei Lauriacum / Enns an die Donau. Bei Tutatio / Micheldorf zweigte eine Verbindung nach Ovilavis ab, das außerdem durch Straßen mit Boiodurum / Passau, Lentia / Linz und wiederum mit Iuvavum verbunden war. Die so genannte "norische Hauptstraße" führte von Virunum über Matucaium / Treibach-Althofen in das Murtal und über die Tauernpässe weiter in das Ennstal wo sie an die Pyhrnstraße anschloss. Entlang der Mur und Enns liefen die inneralpine Ost-West-Hauptverbindungen. Flavia Solva und Cetium im Osten der Provinz waren hauptsächlich durch Abzweiger von der Bernsteinstraße erreichbar.

Die Donaulinie (via iuxta amnem) dürfte erst spät, am Ende des 2. Jh. n. Chr. fertig ausgebaut worden sein, als es darum ging, Legionen und andere große Truppenkörper rasch entlang der Grenze zu verschieben.

Für den Warentransport dienten auch die Flüsse, besonders Save und Savinja für Lieferungen nach Celeia, die Drau für die Linie Virunum bis Aguntum, der Inn und die Salzach für den Nordhandel mit Iuvavum als Mittelpunkt und die Donau für den Fernhandel von Germanien nach Pannonien und weiter zum Schwarzen Meer. Die Gründung sämtlicher Städte in Noricum an Flüssen bzw. der Kreuzung von Straßen mit Flussübergängen zeigt deutlich die Wichtigkeit der Wasserwege.

P. Scherrer – H. Sedlmayer

 

Literatur

G. Alföldy, Noricum (1974).

R. Constantini, Sebatum (Roma 2003).

Th. Fischer, Noricum. Orbis Provinciarum (2002).

V. Gassner – S. Jilek – S. Ladstätter, Am Rande des Reiches. Die Römer in Österreich, Österreichische Geschichte 15 v. Chr. – 378 n. Chr. (2002).

G. Piccottini, Zu den augusteischen Ehreninschriften vom Magdalensberg, in: "Eine ganz normale Inschrift" ... und Ähnliches zum Geburtstag von Ekkehard Weber, hrsg. v. F. Beutler und W. Hameter, Althistorisch-epigraphische Studien 5 (2005) 389–402.

P. Scherrer, Vom regnum Noricum zur römischen Provinz. Grundlagen und Mechanismus der Urbanisierung, in: M. Sasel Kos – P. Scherrer (Hrsg.), The Autonomous Towns in Noricum and Pannonia – Die autonomen Städte in Noricum und Pannonien: Noricum, Situla 40 (2002) 11–70.

O.H. Urban, Der lange Weg zur Geschichte. Die Urgeschichte Österreichs, Österreichische Geschichte bis 15 v. Chr. (2000).

 

Abbildungen

Abb 1: Kartographische Darstellung von Noricum nach Ptolemaios von Alexandria

Abb 2: Einheimische civitates und Siedlungen in Noricum um die Mitte des 1. Jh.s v.Chr.

Abb. 3: Wichtige Orte der römischen Verwaltung von Noricum (Bestand um 200 n.Chr.)

Abb. 4: Büste eines vornehmen Römers hadrianischer Zeit aus dem Tempelbezirk in Hohenstein, möglicherweise des Provinzstatthalters Claudius Paternus Clementianus

Abb. 5: Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana mit der Provinz Noricum