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Die Stadt liegt im oberen Drautal, 4 km westlich von Spittal/Drau, mit ihrem Zentrum auf einem markanten isolierten Hügel, dem Holzerberg, der fast an allen Stellen Funde aus der Latènezeit freigegeben hat. Eine keltische Siedlung ist (noch) nicht nachweisbar, es gibt aber Indizien für ein vorrömisches Heiligtum, z.B. ein Depot von 10 absichtlich deformierten Schildbuckeln der Zeitstellung Latène D1/D2. Spuren früh- und mittelkaiserzeitlicher Bebauung sind am Holzerberg selbst und im Bereich der Ebene westlich der Kirche extra muros im Westen des Berges lokalisiert worden; ein augusteischer Vicus in Tallage könnte demnach existiert haben. Über die Anwesenheit von militärischen Einheiten ist nichts bekannt.
Der Status als municipium Claudium ist epigraphisch und literarisch abgesichert, Wohnbauten ab dem mittleren 1. Jh. auf den Wohnterrassen nachweisbar. Die besten Kenntnisse über die Stadt liegen für die Spätantike vor, als Teurnia – Tiburnia als Hauptstadt von Noricum mediterraneum eine Stadtmauer erhielt und einen Bischofssitz beherbergte.
Grabungen an verschiedenen Stellen haben ergeben, dass weite Bereiche des Holzerberges zur Anlage einer Planstadt systematisch terrassiert worden sind, abgesehen vom Forum liegen allerdings kaum konkrete Hinweise auf die innerstädtische Einteilung des Siedlungsgeländes auf dem Berg vor. Auch hier zeigen sich aber schon Achsenverschiebungen zwischen dem Forum und den benachbarten sog. Thermen. Am Fuß des Berges am Ostrand der Stadt, wo ein Wohnquartier des 1.–3. Jh. ausgegraben wurde, sind einige ungefähr rechtwinkelig aufeinander gestellte, geschotterte Straßenzüge bekannt.
Von einer kaiserzeitlichen Fernwasserleitung wurden jüngst Rohre westlich der Friedhofskirche aufgefunden. Der Aquädukt kann nur die tiefer gelegenen Bauten am Bergfuß versorgt haben.
Das vor dem 1. Weltkrieg teilweise ausgegrabene Forum wurde nie ausreichend publiziert. An den Langseiten begleitete je eine Halle von 4 bzw. 6 m Breite den Platz, die schmälere Westhalle mündete anscheinend in einen Verbindungskorridor zur Thermenanlage im Süden. Der Nordabschluss des Forums ist unbekannt, aufgrund einer mächtigen Substruktion aus Gussmauerwerk wird hier ein Tempelbau vermutet. Dies würde der auch sonst erkennbaren Vorbildwirkung des Forums der benachbarten Stadt Iulium Carnicum (Zuglio) in Italien entsprechen.
Am Südende des Forums befand sich eine zweischiffige 11 m breite Basilika, von der nur mehr das unter dem Forumsniveau liegende Untergeschoss vorgefunden werden konnte. Die bauliche Verbindung zwischen Basilika und östlicher Forumshalle ist aufgrund der vorliegenden Pläne nicht sicher zu beurteilen. Die Innenseite der Südmauer der Basilika war durch Lisenen gegliedert.
Südlich anschließend an das Forum wurde 1912 ein als Thermenanlage vom Reihentyp gedeuteter Baubefund ausgegraben. Der 39,4 m lange, auf aufwändigen Substruktionen errichtete Gebäudekomplex weist von West nach Ost ein Apodyterium (Raum IV), Frigidarium (Raum III), Tepidarium (Raum II) und Caldarium (Raum I) auf. Die beiden zuletzt genannten Räume waren flächig beheizt, Caldarium und Frigidarium besaßen vielleicht sekundär angefügte Apsiden im Süden.
Im Caldarium wurde ein auf Pfeilern stehendes beheiztes Badebecken im Nordteil vermutet. Das Frigidarium wies einen größeren Abwasserkanal auf. Nördlich der Reihe der vermuteten Baderäume liegt eine zweite Flucht mit vier Räumen, einer davon beheizt, davor ein Korridor oder eine offene Halle. Diese Räume und das Apodyterium (Raum IV) dürften jüngeren Datums als die sog. Baderäume sein.
Für eine Datierung des Forums und der Thermen liegen keine näheren Unterlagen vor, allgemein wird das 1. bis frühe 2. Jh. als Errichtungszeit und die Benützung bis in die Spätantike angenommen. Im Baumaterial der Lisenenmauer der Basilika befanden sich viele Spolien, darunter ein bärtiger Marmorkopf des 2. Jh.; auch sonst ist nach dem Plan an eine nachträgliche (spätantike?) Errichtung der Basilika zu denken. Das sog. Bad könnte auch erst durch Funktionsänderung eines bestehenden Gebäudes nach dem Bau der Basilika entstanden sein. Die ursprüngliche Raumfolge entspräche nach den Parallelen in Virunum und Carnuntum auch den üblichen städtischen Verwaltungsräumen an der Schmalseite des Forums mit einem beheizten Tabularium. Klarheit über Alter und Funktion der einzelnen Baukörper könnten nur neuerliche Ausgrabungen bringen.
In Teurnia wurde bisher kein städtisches Heiligtum ausgegraben, die Existenz eines Sakralbezirkes des Apollo Grannus ist aber durch die einst wohl über dem Eingangstor der Platzanlage angebrachte, von innen und außen lesbare Bauinschrift, gesichert. Auf der Terrasse westlich oberhalb der Forumsterrasse entspringt eine Quelle, und in ihrer Nähe wurde die dem 2. Jh. zuzuweisende Bauinschrift, die Stiftung eines Ehepaares aus der zur lokalen Nobilität gehörenden Familie der Lollii, gefunden. Das Heiligtum wird hier mit dem sonst nur für einen Tempel des lokalen Gottes Latobius im Kärntner Lavanttal bezeugten Begriff navale bezeichnet, die genaue Bedeutung des etwa als "Schiffshaus" zu übersetzenden Wortes ist unklar. Die Anlage des Sakralbezirks – vermutlich auf der dem Forum unmittelbar bergwärts benachbarten Terrasse – verweist jedenfalls auf seine zentrale Bedeutung für die Stadt.
Eine weitere öffentliche Platzanlage wird aufgrund von Luftbildern in der Ebene östlich des Holzerberges vermutet. Auf der sog. Oberen Wohnterrasse (Areal IV) lag eine kleine Thermenanlage im Blockbautyp, von der drei Räume und ein mächtiger Abwasserkanal ausgegraben worden sind.
Auf dem Holzerberg und in der Ebene im Westen, bei der Kirche extra muros, wurden bisher mehrere früh- und mittelkaiserzeitliche Wohnhäuser mit einzelnen Mauerzügen erfasst, auch das spätantike große Wohnhaus A steht auf einem älteren Gebäude. Erkennbare Grundrisse sind bisher nicht erfasst bzw. publiziert.
Am Ostrand des Holzerberges wurden 1971–1974 mehrere Wohnbauten auf einer Siedlungsterrasse ausgegraben, von denen großteils nur schematische Pläne vorliegen. Die Trennung einzelner Häuser oder Grundstücke voneinander ist schwierig. Im sog. Areal I dominieren in der ersten, frühestens in frühflavischer Zeit fertig gestellten Bauperiode eher kleine Räume, die entweder direkt nebeneinander lagen bzw. durch Gänge getrennt waren oder sich paarweise beidseits eines Korridors befanden, und größere Höfe, von denen einer an drei Seiten mit einer Halle ausgestattet war. In Bauperiode 2, frühestens unter Antoninus Pius (141–161) entstanden eine dreiräumige und eine zweiräumige Wohneinheit mit großen Höfen.
In Areal II liegt ein Grundstück an einer Straßenkreuzung vor, das zuerst drei, in Bauperiode 2 fünf Wirtschaftsräume in der Ecke eines großen, ummauerten Hofes (32 x 16 m) zeigt. Standspuren (einer Presse?) in Raum D5 und zwei vor diesem im Hof liegende Becken legen eine Deutung als Weinkelterei nahe. Weiter im Norden liegt ein kleinerer Hof und an dessen Nordseite drei Wohnräume hinter einer kleinen Halle, die in Periode 2 in zwei weitere Wohnräume umgewandelt wird.
In jeder Bauperiode sind einzelne beheizte Räume vorhanden, in Periode 2 aber mehr als in Periode 1. Das Ende der Siedlungsterrasse wird in die (spät-)severische Zeit datiert, am ehesten in die Jahre um 230. Der gesamte Befund, auch eine Schmiede war vorhanden, lässt auf stark nach (land)wirtschaftliche Tätigkeiten ausgerichtete Strukturen schließen.
Über den beiden Kirchen, der Bischofskirche auf dem Holzerberg und der sog. Friedhofskirche extra muros, wurden Schutzbauten mit Museumsfunktion errichtet, außerdem ein neues Museumsgebäude auf dem Berg. Mehrere weitere Bauten wie das spätantike Haus A wurden als Freiluftanlagen konserviert
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F. Glaser, Teurnia. Römerstadt und Bischofsitz. Ein Führer zu den Ausgrabungen und zum Museum in St. Peter in Holz sowie zu den Fundorten im Stadtgebiet von Teurnia (1992).
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Regelmäßige Grabungsberichte seit 1971 in: Fundberichte aus Österreich; Pro Austria Romana; Carinthia.