Konservierung mit Lactitol und Trehalose


Text: Stephan Brather


Auf die Arbeiten zur Stabilisierung von archäologischem Nassholz mit Saccharose in den 1980iger Jahren aufbauend, wurden als Ersatz für die Saccharose zu Beginn der 1990iger Jahre durch Imazu und Morgós in Japan Versuche mit Lactitol (auch Lactit, E966) durchgeführt. Lactitol (C12H24O11), ein Zuckeralkohol aus Galactose und Sorbitol, ist ein weißes, kristallines Pulver, das in Wasser leicht löslich ist. Es besitzt mit 344 g/mol eine vergleichbare Molekülmasse wie Saccharose oder PEG 400 und kann aufgrund dessen gut in die Holzstruktur eindringen. Um stark abgebaute Hölzer konservieren zu können, suchten Imazu und Morgós ein Stabilisierungsmittel mit höherer Löslichkeit als Saccharose. Beste Stabilisierungsergebnisse ließen sich mit wässrigen Lösungen einer Konzentration von über 70 % (w/v) erreichen. Ein weiterer Vorteil gegenüber den Stabilisierungsmitteln PEG und Saccharose war die signifikante Wasserabsorption aus der Umgebungsluft erst oberhalb von 90 % relativer Luftfeuchtigkeit1, weshalb Lactitol als Konservierungsmittel für tropische und subtropische Klimaregionen wie dem asiatischen Raum besonders geeignet erschien.2 Die Lactitolkonzentration lässt sich über die Messung des Brechungsindex bestimmen (Abb. 1)

Die Tränkung mit Lactitol wird mit einer Konzentration von 40 bis 50 %, bei sehr empfindlichen Objekten mit 10 % (w/v), begonnen und im Verlaufe der Tränkung in 5 bis 10 %-Stufen gesteigert.3 Die Löslichkeitsgrenze beträgt bei Raumtemperatur 55 % (w/v) und bei 70 °C ca. 89 % (w/v). Bei der Kristallisation können je nach Kristallisationstemperatur unterschiedliche Kristallformen entstehen: neben dem Anhydrit das Mono-, Di- und Trihydrat. Durch die Bildung von Lactitol-Di- und -Trihydrat besteht die Gefahr, dass sich während der Trocknung Risse bilden. Zur Bildung des feinkristallinen Monohydrats wird daher die Trocknung bei erhöhten Temperaturen, nämlich bei 50 bis 70 °C, empfohlen (Abb. 2).4 Zusätzlich wird vorgeschlagen, die Kristallisation des Lactitols an der Holzoberfläche durch Bestäuben mit Lactitol-Pulver zu initiieren.5

2002 schlugen Imazu und Morgós den Zusatz von 10 % Trehalose, einem Disaccharid (C12H22O11) vor, um die Bildung von Trihydrat wirksam zu unterdrücken. Dies ermöglicht die Trocknung des getränkten Nassholzes bei Raumtemperatur. Zusätzlich erhöht der Trehalose-Anteil die Löslichkteit von Lactitol.6 Folglich setzte sich bei der Verwendung von Lactitol diese Zusammensetzung der Tränkungslösung durch.7

Sowohl Lactitol- als auch Lactitol-Trehalose-Lösungen sollen stabiler gegenüber mikrobiologischen Aktivitäten als Saccharose sein. Erst in der neueren Literatur wird vorsichtshalber der Zusatz eines Biozids, meist von Isothiazolinonen, empfohlen8 oder gar von mikrobiologischen Abbau berichtet.9

Aufgrund der gestiegenen Preise vor allem für Lactitol, aber auch für Energie, wurde 2013 der vollständige Ersatz des Lactitol-Trehalose-Gemisches durch Trehalose vorgeschlagen.10

Konservierung am Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM)

Am BLDAM wurde die Lactitol-Trehalose-Tränkung der Probehölzer 2013 über einen Zeitraum von 8 Monaten in beheizten Becken mit Badumwälzung bei einer Temperatur von ca. 55 °C durchgeführt. Zur Sortierung und um das Aufschwimmen weniger Proben zu verhindern, wurden alle Nassholzobjekte in mehreren durchbrochenen Eurobehältern aus Polypropylen während der Tränkung aufbewahrt.

Begonnen wurde mit einer 30 %igen (w/v) Konzentration von Lactitol-Trehalose (9:1) gelöst in Wasser. Die Konzentration wurde monatlich durch Zugabe von Lactitol und Trehalose um 10 % bis zu einer Endkonzentration von 70 % erhöht. Während der Tränkung wurden regelmäßig über den Brechungsindex die tatsächliche Konzentration des Bades sowie der pH-Wert bestimmt. Bei einer Konzentration von 40 % fiel der pH-Wert plötzlich von 6 auf 4 und die Lösung verströmte einen unangenehmen Geruch. Daraufhin wurde die Lösung entsorgt, die Objekte über einen Tag gewässert und eine neue Lösung mit Zusatz von 0,1 % des Biozids Bioban 40411 angesetzt. In der Folge blieb die Lösung stabil bei einem pH-Wert von 6. In der Endkonzentration verblieben die Objekte für zwei Monate.

Nach der Entnahme aus dem Bad wurden die Oberflächen mit kristallinem Lactitol-Monohydrat eingestäubt und im Wärmeschrank bei 70 °C über einen Zeitraum von einer Woche getrocknet. An die Trocknung anschließend erfolgte die Reinigung der Oberfläche durch Abtupfen mit feuchten Tüchern. Abschließend konnten sich die Probe-Hölzer über einen Zeitraum von 4 Wochen an die umgebende Luftfeuchtigkeit (ca. 50 %) bis zur Massekonstanz anpassen.

Fussnote der Abbildungsunterschrift 12

Temperatur [° C] Konzentration [%]
20 55
25 60
70 89

Abb. 3 Maximale Löslichkeit von Lactitol in Abhängigkeit von der Temperatur13

Fussnoten

1 Zumbé et al. 2001.

2 Hoffmann 2013.

3 Imazu und Morgós 1997.

4 Imazu 1993; Imazu und Morgós 1997.

5 Imazu und Morgós 1997; Zhang et al. 2009.

6 Imazu und Morgos 2002.

7 Imazu und Morgós 2009 a; Morgós 2009.

8 Imazu und Morgós 2002; Zhang et al. 2009; Hoffmann 2013.

9 Brather 2015.

10 Ito et al. 2013; Imazu et al. 2013.

11 Bioban 404, andere Handelsbezeichnung Koralone C-204, ist ein Biozid, chemische Wirksubstanz 3,6 % Isothizolinone, der Firma Dow Chemical, frühere Handelsbezeichnung: Microbiocide DP III der Firma Rohm & Haas.

12 Rowe et al. 2006.

13 Die Werte in der Literatur differieren leicht. Ich folge Morgós et al 2009.

Literatur

Hoffmann 2013: Hoffmann, Per, Conservation of archaeological ships and boats – personal experiences. London 2013.

Brather 2015: Brather, Stephan, Teil 3: Fortführung der Konservierung. In: Hoffmann, Per; Strætkvern, Kristiane; Brather, Stephan, Die Konservierung der bronzezeitlichen Hölzer aus dem Brunnen von Qatna. Qatna Studien (Peter Pfälzner Hrsg.), 2015, im Druck.

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Imazu und Morgós 2009 b: Imazu, Setsuo; Morgos, András, An improvement on the Lactitol conservation method used for the conservation of archaeological waterlogged wood (The conservation method using a Lactitol and Trehalose mixture). In: Imazu, Setsuo (Ed.), Conservation of the waterlogged archaeological wooden objects. Collaborative investigation about the ancient Sishui kingdom in China, 2009, 235 – 254.

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Ito et al. 2013: Ito, Kouji; Fujita, Hiroaki; Imazu, Setsuo, Development of a novel trehalose conservation method. Archaeology and Natural Science 65, 2013.

Morgós et al 2009: Morgós, András, , Imazu, Setsuo; Ito, Koji, A summary and evaluation of 15 years research, practise and experience with the lactitol methods developed for the conservation of waterlogged, degraded archaeological wood. In: Imazu, Setsuo (Ed.), Conservation of the waterlogged archaeological wooden objects. Collaborative investigation about the ancient Sishui kingdom in China, 2009, 195 – 211.

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